„Wir müssen die Menschen ins Rampen­licht stellen, die sich aktiv für Inte­gration, Teilhabe und ein wirkliches Mit­einander einsetzen“

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Integration

Verleihung des Integra­tionspreises 2018 des Rheingau-Taunus-Kreis durch Landrat Kilian / Parade­beispiele für gelungene Inte­gration / 17 Bewerbungen

Verleihung des Integrationspreises 2018 des Rheingau-Taunus-Kreis durch Landrat Kilian / Paradebeispiele für gelungene Integration / 17 Bewerbungen

„Wir müssen die Menschen ins Rampenlicht stellen, die sich aktiv für Integration, Teilhabe und ein wirkliches Miteinander einsetzen“, betonte Landrat Frank Kilian anlässlich der Verleihung des Integrationspreises 2018 des Rheingau-Taunus-Kreises. Kilian bezog sich mit der Aussage auch auf die Geschehnisse in Chemnitz. Es gelte, rechten Populisten nicht die Meinungshoheit zu überlassen, sondern einen Gegenpol zu setzen, um damit auch zu dokumentieren, dass es in „unserer Gesellschaft viele stille Menschen gibt, die in unseren Kommunen handeln und nicht den Weg auf die Straße suchen, um auf sich aufmerksam zu machen“. „Deren erfolgreichen Projekte und Initiativen wollen wir einer breiten Öffentlichkeit präsentieren“, so der Landrat zur Intention der Preisverleihung und weiter: „Dieses ehrenamtliche Engagement vor Ort wird viel zu selten in den aktuellen, hitzigen und zugespitzten Debatten in der notwendigen Form dargestellt und auch gewürdigt.“

Die Projekte der vier Preisträger und der weiteren, 13 Nominierten bewies: Integration kann gelingen, wenn sich Bürgerinnen und Bürger der Aufgabe stellen und aktiv an der Integration von Geflüchteten mitwirken. Kilian ermunterte deshalb dazu, die „Zuschauerrolle“ abzulegen, wie es alle Vorgeschlagenen getan haben, und ihre individuellen Ideen und Projekte einzubringen, um Flüchtlingen in einer „stürmischen Zeit“ zu helfen. Als positiv bewertete der Landrat dabei den Umstand, dass sich viele Menschen, die in den neunziger Jahren aus fernen Ländern nach Deutschland kamen, in unser Gemeinwesen einbringen und ihren Teil zur Bewältigung der Integrationsaufgabe beitragen.

Das trifft beispielsweise auf Ilishveh Giwargis Koma aus Bad Schwalbach zu, die 1986 aus dem Iran nach Deutschland gekommen ist, wie Laudatorin Rita Czymai erzählt. Zunächst begleitete sie geflüchtete Frauen und Familien etwa bei Gängen zu Behörden oder Ärzten. Mittlerweile ist Ilishveh Giwargis Koma, die mehrere Sprachen spricht, für das Diakonische Werk tätig, wird als Übersetzerin eingesetzt und als Vermittlerin zwischen den Kulturen. Deshalb absolviert Koma derzeit eine Weiterbildung zur „Sprach- und Kulturmittlerin“. „Ilishveh Giwargis Koma hilft uns, Menschen aus anderen Kulturen zu verstehen“, loben Ulrike Gürlet und Michael Büsgens vom Diakonischen Werk. Und die Geehrte? Sie zeigt sich ganz bescheiden. „Ich will etwas von dem zurückgeben, was ich in meinen ersten Jahren hier in Deutschland an Positivem erfahren habe, nämlich die Unterstützung beim Eingewöhnen in meine neue Heimat“, so Ilishveh Giwargis Koma.

Wie ein Tandem-System in einem Unternehmen sehr erfolgreich funktioniert, erläuterte Laudator Ralf Bachmann, der den Preisträger in der Kategorie „Wirtschaft“ vorstellte. Die Neuhofer Firma „tetronik Kommunikationstechnik GmbH“ mit Armin und Elke Neuroth sowie Jürgen Läkemäker hat die Tandem-Ausbildung zum IT-System-Elektroniker mit den beiden Auszubildenden Mohsen Ansari und Sebastian Turlof entwickelt. Bachmann: „Das Unternehmen übernimmt soziale Verantwortung. Zudem sehen das Ehepaar Neuroth und Herr Läkemäker die Zuwanderung als eine Herausforderung an, die sie aktiv angehen.“ Für den Laudator ist dieses System „ein Paradebeispiel für gelungene Integration“. Beide Auszubildende - einer mit Fluchterfahrungen und einer ohne - machen die gleiche Ausbildung, lernen von- und miteinander und können so voneinander profitieren. Elke Neuroth: „Herr Ansari ist inzwischen schon ein unverzichtbarer Bestandteil der Technikabteilung.“

Ebenfalls ausgezeichnet wurde die Flüchtlingshilfe Walluf. 40 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer um Eva Moor kümmern sich seit 2014 um die in der Gemeinde angekommenen Flüchtlinge, wie Laudatorin Christine Knapp-Aschberger verkündete. „Sie entlasten dadurch die Gemeindeverwaltung und tragen zu einem offen und friedlichen Miteinander ganz entscheidend bei“, so Knapp-Aschberger. Bürgermeister Manfred Kohl lobte die „engagierte Truppe“, die „kein großes Aufheben um ihr ehrenamtliches Engagement macht“.

Laut Eva Moor geben Mitglieder den Zugewanderten Deutschunterricht. „Die bis vor Kurzem noch notwendige Kleiderkammer wurde in einen Treffpunkt umgewandelt. Wir besorgen den Ranzen, wenn die Kinder in die Schule kommen.“ Und als Moderatorin Vanessa Schlevogt nach dem schönsten Moment fragt, muss Eva Moor nicht lange nachdenken: „Als ein vor dem Krieg geflüchteter Syrer eine Arbeitsstelle gefunden hatte. Wir waren alle glücklich. Da weiß man, dass sich das Engagement gelohnt hat.“

Der vierte Preisträger des Integrationspreises 2018 des Rheingau-Taunus-Kreises sind die Beruflichen Schulen Rheingau mit dem Projekt „Theater als interkulturelle Erziehung“. Wie Laudatorin Gabriele Schuster erzählte, haben drei angehende Erzieherinnen ihre interkulturelle Kompetenz geschult, in dem sie mit jungen Flüchtlingen aus den InteA-Klassen („Integration plus Abschluss“) - in Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeit - ein Theaterstück mit dem Titel „Fatima oder die Befreiung der Träume“ einstudierten. „Die jungen Menschen aus Eritrea, Syrien, Pakistan konnten sich dabei mit ihren Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen“, Gabriele Schuster. Laut Schulleiterin Andrea Stegmann „eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten“. Die Schule bringe Schüler aus unterschiedlichen Kulturkreisen zusammen. „In der Schule wird Integration aktiv betrieben.“

Im Anschluss überreichte Landrat Frank Kilian den weiteren, insgesamt 13 Nominierten je eine Urkunde. Sie hatte dabei Gelegenheit, sich und die Integrationsarbeit vorzustellen:

  • SV ‚Wisper‘ Lorch für Integration von Geflüchteten in den Sportverein
  • Türkisch Islamische Gemeinde Bad Schwalbach für Engagement im Gemeinwesen
  • Meral Qajraoui – Ehrenamtskoordinatorin der Malteser Werke in der Gemeinschaftsunterkunft in Taunusstein – Bleidenstadt
  • Philipp-Kraft-Stiftung - Förderung von Integration und Teilhabe im Rheingau
  • Ramzi Al-Hamadi – Besonderes Engagement in der Flüchtlingshilfe Bad Schwalbach
  • Boule Abteilung der TG Winkel 1846 für Integration von Geflüchteten in den Boule-Verein
  • FRESKO e.V. - Aktion ‚Alle Jahre wieder‘
  • Gemeinde Heidenrod – Kinder- und Jugendcafé ‚hang up‘
  • Seitzenhahner Flüchtlingshelferkreis
  • Diehl Viertler GmbH – für Integration eines jungen Geflüchteten ins Erwerbsleben
  • Gabriele Crass - Erbacher für Erbacher – Engagement im Gemeinwesen und Patentätigkeit für eine geflüchtete Familie aus Afghanistan
  • Gemeinde Aarbergen - ‚Aarbergen schafft Nähe‘ – für vorbildliche Integrationsarbeit im Gemeinwesen Aarbergen
  • Axel Burisch – „Die Natur spricht viele Sprachen“
Landrat Frank Kilian mit den Preisträgern und den Laudatoren.