Wer bin ich? Wo komme ich her und wo gehöre ich hin?

Es ist eine schwierige, komplizierte, manchmal auch sehr nervenaufreibende Aufgabe. Oftmals birgt sie aber auch Freude und Zufriedenheit bei jenen, die sich dieser Aufgabe immer wieder und oft über Jahre stellen und dabei das anvertraute Kind heranwachsen sehen. Die Rede ist von Pflegeeltern, die Kinder und Jugendliche in ihrer Familie aufnehmen, weil diese aus einem für sie gefährdenden oder völlig überforderten familiären Umfeld herausgenommen werden müssen und dann in fürsorgliche Obhut gegeben werden.

Um diese Aufgabe zu meistern, aktuelle Fragen und Problemstellungen zeitnah auch mit anderen Pflegeeltern ansprechen zu können, bietet der Pflegekinderdienst des Jugendamtes des Rheingau-Taunus-Kreises im Rahmen seiner Fortbildungsreihe für Pflege- und Adoptionsfamilien traditionell ein Wochenend-Seminar im Familienferiendorf in Hübingen an.

Zur Eröffnung der Fortbildungsveranstaltung richtete die Fachdienstleiterin, Frau Birgit Blees, Gruß- und Dankesworte an die Pflegeeltern. Die eigentliche Seminararbeit fand am Samstag und am Sonntagvormittag statt. Die eingeladene Referentin Frau Dipl. Sup. Hester van Wijnen ist seit vielen Jahren als Beraterin und Supervisorin in eigener Praxis tätig und verfügt über umfangreiche Erfahrungen in Bezug auf die Themen, die Pflegekinder und Pflegeeltern bewegen.

In diesem Jahr stand das Thema „Identitätsentwicklung von Pflege- und Adoptivkindern“ im Mittelpunkt. Für jeden Menschen ist die Entwicklung der eigenen Identität eine wichtige Entwicklungsaufgabe des Jugendalters. Für Pflegekinder stellt diese jedoch eine ganz besondere Herausforderung dar: sie leben in einer Familie, die nicht ihre leibliche ist und haben einen besonderen Status in ihrer Pflegefamilie sowie in der Wahrnehmung der Außenwelt. Im Verlauf des dreitägigen Seminars erfuhren die Pflege- und Adoptivfamilien, wie sie die ihnen anvertrauten Kinder bei der Entwicklung eines gesunden „Selbst“ unterstützen können.

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes ist es eine besondere Freude, dass die Betreuung der Kinder und Jugendlichen während der Vorträge vornehmlich von ehemaligen Pflegekindern übernommen wird.

Jedes Jahr bieten wir, neben dem „Hübingen-Wochenende“, eine weitere Tagesseminarveranstaltung, das beliebte Sommerfest und die Weihnachtsfeier den Pflege- und Adoptivfamilien hochgeschätzte Gelegenheiten zur Begegnung. Nicht nur die Pflegeeltern sehen den Wert dieser Veranstaltungen darin, untereinander Kontakt knüpfen, sich gegenseitig austauschen und Freundschaften vertiefen zu können. Auch für die Pflegekinder ist es wichtig, andere Kinder zu treffen, die in einer ähnlichen Situation leben. Manchmal berichten Pflegeeltern mit einem leichten Augenzwinkern auch, dass sie nach 15 Jahren Wochenend-Seminar in Hü-bingen gerne einmal zu Hause geblieben wären, die Kinder es aber nicht zugelassen hätten.

Foto: Gruppenfoto der Veranstaltung von Simone Bender