Wenn Schriftzüge in fremder Sprache zum Hindernis werden...

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Stabsstelle für Frauen und Gleichstellung

BildungsForum "Kulturelle Vielfalt - Vor(ur)teile im Miteinander": Integrationslotsinnen des Kreises präsentieren kulturelle Vielfalt



Während am 31. Januar in der Bundeshauptstadt der fünfte Berliner Integrat

BildungsForum "Kulturelle Vielfalt - Vor(ur)teile im Miteinander": Integrationslotsinnen des Kreises präsentieren kulturelle Vielfalt

Während am 31. Januar in der Bundeshauptstadt der fünfte Berliner Integrationsgipfel tagte, trafen im Rheingau-Taunus-Kreis ebenfalls etwa 120 interessierte Fachleute zusammen, die sich mit Bildung und Integration beschäftigen. Im BildungsForum "Kulturelle Vielfalt - Vor(ur)teile im Miteinander" informierten sie sich über die Chancen und Möglichkeiten der kulturellen Vielfalt, diskutierten darüber und definierten erforderliche Handlungsfelder.

Eingeladen in die Stadthalle Bad Schwalbach hatten die für Bildung im Rheingau-Taunus-Kreis verantwortlichen Fachstellen vhs, Lernen vor Ort (LvO), Regionales Übergangsmanagement Schule-Beruf (RÜM) und das Büro für Gleichstellung und Frauenangelegenheiten.

Zwischen 30.000 und 40.000 Menschen aus zirka 50 verschiedenen Kulturkreisen leben im Kreis. Von der kulturellen Vielfalt im Rheingau-Taunus-Kreis konnte man sich bereits bei der Ankunft in der Stadthalle überzeugen. In mehr als zehn unterschiedlichen Sprachen wurden die Gäste von Integrationslotsinnen und -lotsen begrüßt. Unbekannte Bezeichnungen in für Deutsche fremder Schriftzügen zeigten den Weg zur Garderobe, zum Aufzug oder auch zu den Toiletten. Für manchen Gast war dies ein beeindruckendes Erlebnis: So fühlt es sich an, wenn man sich in einer Umgebung nicht auskennt, sich nicht verständigen kann und wichtige und hilfreiche Schilder nicht lesen kann.

"Ich bin Integrationslotsin geworden, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie es sich anfühlt, wenn man nach Deutschland kommt und nicht deutsch spricht", so Integrationslotsin Shehide Selmani.

Dass das Beherrschen der Sprache unabdingbare Voraussetzung für Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit ist, unterstrich auch Landrat Burkhard Albers in seiner Begrüßung. Deshalb werde im Kreis bereits im Kindergarten mit Sprachförderung begonnen, um gute Voraussetzungen und damit gleiche Bildungschancen zu schaffen. Ziel ist es, die Jugendarbeitslosigkeit im Kreis, die aktuell mit 9,8 Prozent unter dem hessischen Durchschnitt liegt, auf 0 Prozent zu reduzieren.

"Wir alle haben diesen jungen Menschen gegenüber eine soziale und ökonomische Verpflichtung", so Albers weiter. Mit der Möglichkeit, eine Ausbildung zu absolvieren und einen Arbeitsplatz zu finden könne eine finanzielle Unabhängigkeit erreicht werden. Damit sei die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben möglich, eine Grundlage für eine erfolgreiche Integration geschaffen.

Christine Knapp-Aschberger informierte über das von "Lernen vor Ort" initiierte Projekt der Integrationslotsinnen und -lotsen, in dem inzwischen 40 Männer und Frauen ausgebildet wurden. Zwei ehrenamtliche Integrationslotsinnen und ein Lotse schilderten ihre Motivation, die überwiegend aus persönlichen Erfahrungen resultiert, sich ausbilden zu lassen. Sie bieten Hilfe und Unterstützung in vielen Sprachen, beispielsweise bei Übersetzungen und Schriftverkehr, Behördengängen oder auch Begleitung zu Elterngesprächen in Kindergarten oder Schule. Das Angebot steht in Idstein, Aarbergen, Eltville, Oestrich-Winkel, Geisenheim, Rüdesheim und Lorch zur Verfügung.

Über die Unterstützungsmöglichkeiten, die Jugendliche bei der Vermittlung in Ausbildungsstellen über "RÜM" erhalten, berichtete Projektleiterin Susanne Schneider.

Das Beherrschen der Sprache war an diesem Nachmittag bei allen Programmpunkten zentrales Thema. So auch im Impulsreferat von Dr. Mohammad Heidari vom WAIK-Institut Köln. WAIK steht für "Wege aus der interkulturellen und interethnischen Konfrontation". Heidari, geboren im Iran, deutscher Staatsbürger, machte deutlich, dass ausreichende Sprachkenntnisse helfen können, Konflikte zu vermeiden. "Konflikte stören den sozialen Frieden. Aber nur 20 Prozent der Migranten haben Konflikte - 80 Prozent kommen klar", so Heidari weiter. Dabei seien nicht immer unvermeidliche Konflikte das Problem sondern der Umgang mit ihnen. Und nicht immer sei es ein Sprachproblem sondern in vielen Fällen ein Kommunikationsproblem. Umfassende Präventions- und Aufklärungsarbeit, die der Rheingau-Taunus-Kreis durch zahlreiche Projekte bereits umsetze, sei notwendig. Der Mehrwert, den Deutschland durch 16 Millionen Migranten oder Menschen mit Migrationshintergrund und über 250 verschiedene Ethnien erhalte, müsse erkannt und genutzt werden.

Ebenso bunt wie die Tische waren die Arbeitsgruppen, die sich unter dem Titel "Miteinander reden - Voneinander wissen - Miteinander und voneinander Lernen" zusammenfanden. Menschen aus drei verschiedene Herkunftskulturen, höchstens eine Person je Institution oder Fachgebiet, je vier bis fünf Frauen und Männer pro Tisch diskutierten lebhaft über Integrationsvoraussetzungen und entwickelten Ideen dazu. Familiensprachkurse, Kindergartenpatenschaften, Kurse für Eltern, die diese nicht nur fördern sondern auch fordern sowie spezielle Angebote für Ältere waren einige der genannten Themen, die bearbeitet werden sollen. Auch eine angemessene Bezahlung der momentan noch ehrenamtlich tätigen Integrationslotsinnen und -lotsen, die wertvolle und zeitintensive Arbeit leisten, wurde als Anliegen definiert.

Zum Abschluss der Veranstaltung versprach Christine Knapp-Aschberger: "Wir werden diese Themen mitnehmen und sie als Experten an die zuständigen Stellen weitertragen."