„Mit jedem einzelnen Erfolgserlebnis steigt das Selbstwertgefühl der Frauen“

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Integration

Zakia Chlihi vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besucht den MiA-Kurs in der Unterkunft in Bleidenstadt

Zakia Chlihi vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besucht den MiA-Kurs in der Unterkunft in Bleidenstadt

„Einige der zu uns geflüchteten Frauen können keine Schulausbildung nachweisen. Sie kümmern sich um ihre Kinder und übernehmen die in den Heimatländern stets praktizierten Rituale, in denen sie meist alleine für die Erziehung der Kinder und den Haushalt zuständig waren und nur selten das eheliche Haus verließen“, berichtet Binia Ehrenhart-Rosenberger von der Stelle „Kommunale Koordinierung für Bildungsangebote für Neuzugewanderte“ der Kreisverwaltung. Das Szenario wiederholt sich in der neuen Umgebung. „Die Männer gehen in die Deutsch-Kurse oder haben inzwischen einen Job. Die Frauen betreuen die Kinder und bleiben als Familie so unter sich“, lautet ihre Erfahrung. „Der Kreis steht für eine offene Integrationspolitik“, sagt Landrat Frank Kilian.

Denn gerade das Erlernen der deutschen Sprache ist ein entscheidender Aspekt für eine erfolgreiche Integration. „Wir müssen diese Frauen ‚abholen‘, die Betreuung der Kinder sicherstellen, um gleichzeitig den Müttern in einem ersten Schritt einen Sprachkurs anzubieten, in denen sie in einfacher Form Deutsch lernen können“, sagt Zakia Chlihi, Referatsleiterin im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). „Den Zugang zu Bildung ermöglichen wie die Vermittlung von Werten und Umgangsformen im gesellschaftlichen Miteinander sind von entscheidender Bedeutung für eine gelingende Integration“, ergänzt Sophie Gumbert vom Internationalen Bund.

Hier setzt MiA (Migrantinnen einfach stark im Alltag) an; ein erfolgreiches Unterstützungsangebot für Migrantinnen. Die Kurse, die vom BAMF gefördert werden, dienen der sozialen und gesellschaftlichen Integration ausländischer Frauen. Die Kurse sind für viele Migrantinnen das Sprungbrett ins eigenständige Berufsleben. Die erworbenen Sprachkenntnisse helfen ihnen jedoch vor allem, sich mit anderen Menschen überhaupt verbal auseinandersetzen zu können. Über die Erfahrungen mit MiA informierte sich Zakia Chlihi in der Flüchtlingsunterkunft in Bleidenstadt. Dabei sprach sie mit den Kursteilnehmerinnen sowie mit Vertretern der Kreisverwaltung, des Trägers des Kurses, dem Internationalen Bund (IB), sowie dem Betreuungsteam des Malteser Hilfswerkes. Zakia Chlihi: „Es gibt in der Unterkunft in Bleidenstadt eine Besonderheit zu den anderen Angeboten deutschlandweit: Der MiA-Kurs und die Betreuung der Kinder findet direkt in der Unterkunft statt.“

Schon im Gespräch mit den Teilnehmerinnen wird sehr schnell deutlich: Die Migrantinnen nehmen das Angebot mit Begeisterung auf, sie sehen es als große Chance an, um die deutsche Sprache zu erlernen. Binia Ehrenhart-Rosenberger: „Am Anfang mussten die Betreuer in der Unterkunft viel Überzeugungsarbeit leisten. Nun will jede Frau in den Kurs.“ Für die positive Reaktion sorgt vor allem auch die MiA-Dozentin Gabi Pajung. Sie schafft es mit ihrer persönlichen und freundlichen Art, aus der heterogenen Zusammensetzung des Kurses mit Frauen aus unterschiedlichen Kulturen und mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen eine Gemeinschaft zu bilden. „Wir haben im Kurs eine Frau, die noch nie in einer Schule war, andere lernen eher langsam, andere wiederum verstehen schnell und wenden die deutsche Sprache sofort an“, so Gabi Pajung und weiter: „Wir gehen auf die Persönlichkeit jeder Teilnehmerin ein und so merkt jede, dass sie als Frau geschätzt wird. Und mit jedem einzelnen Erfolgserlebnis steigt das Selbstwertgefühl der Frauen.“

Doch auch der soziale Aspekt wird nicht vergessen. „Wenn es nach uralten Traditionen geht, dürften die Frau aus Afghanistan und jene aus Eritrea eigentlich nicht miteinander reden. Doch hier gehen sie nach dem Kurs gemeinsam eine Tasse Tee trinken, um sich zu unterhalten“, berichten die Dozentin und Meral Qajraoui vom Malteser Hilfsdienst. So dient der Kurs nicht nur der Sprachvermittlung, sondern auch der Verständigung zwischen Frauen aus verschiedenen Nationen. Zu dem guten Klima leistet auch das funktionierende Netzwerk von Fachdienst Jugendhilfe und Fachdienst Migration der Kreisverwaltung, von IB und Malteser Hilfsdienst einen entscheidenden Beitrag. „Wir tauschen uns so oft wie möglich aus“, lobt Ursula Wenzel vom Internationalen Bund.

„Die Finanzierung der Kinderbetreuung durch den Kreis steht“, betont Ernst Wittmann vom Jugendamt. „Wir sehen auch den Bedarf an Bildungsangeboten für Frauen“, ergänzt Birger Philipp vom Fachdienst Migration. Nun gehe es aber auch darum, dass der MiA-Kurs, der auf drei Modulen fußt, auch fortgesetzt und vom BAMF finanziert wird. Wie Zakia Chlihi dazu betont, dienen die Besuche vor Ort gerade dazu, die gemachten Erfahrungen zu sammeln. Angedacht ist, das Verwaltungsverfahren für die Beantragung von MiA-Kursen zu vereinfachen. Beabsichtigt ist, den geflüchteten Frauen den Zugang zu den Kursen zu erleichtern und auch den Trägern mehr Freiheiten einzuräumen. Laut Ursula Wenzel, Sophie Gumbert und Zakia Chlihi geht es zudem darum, den Lehrkräften vor Ort spezielles Unterrichtsmaterial zur Verfügung zu stellen.“ Diese und weitere Anregungen nahm Zakia Chlihi auf.

Foto:
Zakia Chlihi vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8. von rechts) sprach mit den Teilnehmerinnen des MiA-Kurses in der Flüchtlingsunterkunft in Bleidenstadt. Stehend die Dozentin Gaby Pajung.

Teilnehmerinnen des MiA-Kurses in der Flüchtlingsunterkunft in Bleidenstadt.