Mit dem Bus auf dem Vormarsch
Kreisentwicklung
Landrat Frank Kilian besucht das Busunternehmen Engelhardt in Heidenrod-Kemel
Landrat Frank Kilian besucht das Busunternehmen Engelhardt in Heidenrod-Kemel
Wer im Rheingau-Taunus-Kreis den Öffentlichen Personennahverkehr benutzt, der kennt sie, die gelb-grünen Linienbusse der Firma Engelhardt. Seit 57 Jahren ist das inhabergeführte Unternehmen im Straßenverkehr unterwegs und pflegt im Heidenroder Ortsteil Kemel einen stetig wachsenden Fuhrpark. „Seit dem Jahr 2000 sind wir im Gewerbegebiet in Kemel ansässig und leiten von hier aus unser Busunternehmen“, erzählen die beiden geschäftsführenden Brüder Bodo und Frank Engelhardt. Grund genug für Landrat Frank Kilian, sich bei seinem Besuch in der Kemeler Firmenzentrale selbst einen Eindruck von der Entwicklung zu verschaffen. „Mir ist es wichtig, mit den im Kreisgebiet ansässigen Unternehmen ins Gespräch zu kommen und nachzufragen, mit welchen Hürden das ein oder andere Unternehmen zu kämpfen hat und wo die Kreisverwaltung möglicherweise Hilfestellung leisten kann.“
Herausforderungen für das Busunternehmen Engelhardt haben sich allein schon durch die Corona-Krise ergeben. Zwei voneinander getrennte Geschäftsbereiche betreibt das Unternehmen. Zum einen ist dies die Omnisbusbetrieb GmbH, die den Linien- und Ausflugverkehr im Rheingau-Taunus-Kreis übernimmt und damit Schüler wie Pendler tagtäglich an ihr gewünschtes Ziel bringt, zum anderen hat sich das Unternehmen mit der Bustouristik GmbH ein weiteres Standbein aufgebaut. „Die Urlaubsreisen mit Zielen in ganz Europa machen ungefähr 20 Prozent unseres Geschäftes aus“, berichtet Engelhardt, „wobei Corona das Geschäft mit den Urlaubsreisen ziemlich durcheinandergewirbelt hat.“ Aufgrund der Corona-Maßnahmen war in einigen Bundesländern gar kein Reisebusverkehr erlaubt, in anderen Bundesländern durften die Gäste nicht mehr übernachten. „Wir haben deshalb einige Reisebusse vorerst stilllegen müssen und das Personal stattdessen in den Linienbussen eingesetzt.“
2017 hatte die Engelhardt Omnibusbetrieb GmbH nach einer europaweiten Ausschreibung der Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft mbH (RTV) den Zuschlag für zwei Linienbündel im Rheingau-Taunus-Kreis erhalten und ist seitdem auf den Straßen im gesamten Kreisgebiet unterwegs. „Allerdings läuft es im Bereich des Linienverkehrs nicht immer reibungslos“, weiß Engelhardt zu berichten. „Es gibt Linien, die im Nirgendwo enden und keinen Anschluss besitzen. Manche Linien wechseln außerdem ständig ihre Routen, was bei den Fahrgästen zu Verunsicherung führt. Und über Baustellen werden wir nicht immer rechtzeitig informiert“, hier wünscht sich Engelhardt eine noch bessere Absprache zwischen seinem Unternehmen, der RTV und dem RMV. „Das liegt auch in unserem Interesse“, so Landrat Kilian, „schließlich wollen wir basierend auf unserem neu ausgearbeiteten Mobilitätskonzept den Öffentlichen Personennahverkehr stark ausbauen und das gelingt nur mit neu gedachten Linien und einer ausgeklügelten Taktung.“
Eine Ausweitung des ÖPNV, ein wachsendes Unternehmen – dies funktioniert nicht ohne Zuwachs an Personal. Während andere Branchen über Fachkräftemangel und gähnende Leere im Bewerbungspostfach klagen, kann sich das Busunternehmen Engelhardt über mangelndes Interesse nicht beschweren. „Wir erhalten recht viele Bewerbungen und bilden auch selbst aus. Vor allem junge Leute reizt die Vorstellung, ein 300.000 Euro teures Fahrzeug zu steuern und damit auch Verantwortung zu übernehmen. Allerdings wird es immer schwieriger, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden, das gut deutsch spricht und hinsichtlich der Umgangsformen geeignet ist, Personen zu befördern“, schildert Engelhardt. „Viele Kandidaten haben realitätsferne Vorstellungen vom Beruf des Busfahrers und wissen nicht, dass man oft morgens um vier Uhr der erste auf der Straße ist. Sie absolvieren trotzdem für viel Geld die teure Führerscheinprüfung, die sie vom JobCenter bezahlt bekommen, um dann festzustellen, dass sie für die Aufgabe gar nicht geeignet sind.“ Das Kommunale JobCenter des Rheingau-Taunus-Kreises plant deshalb eine engere Kooperation mit dem Busunternehmen, damit die kostenintensive Führerscheinprüfung gezielt jenen Kandidaten zugutekommt, die anschließend eine echte Chance auf dem lokalen Arbeitsmarkt haben.
52 Busse unterhält das Unternehmen zurzeit, 69 Mitarbeiter gehören zur Omnibusbetrieb GmbH, zehn zur Bustouristik GmbH. Vor allem der Anteil weiblicher Mitarbeiter nimmt stetig zu. „Wir sind im Untertaunus eines der größeren Unternehmen, wollen aber ganz sicher ein familiär geführter Betrieb bleiben“, versichert Engelhardt auch im Hinblick auf die nächsten Ausschreibungen der RTV. „Wir sind gut aufgestellt und blicken den nächsten Ausschreibungen positiv entgegen, würden uns aber hinsichtlich der Kriterien einige Änderungen wünschen.“ Den Zuschlag erhalte seiner Erfahrung nach derjenige, der in der Bewerbung den kostengünstigsten Vorschlag mache. Qualitäten wie Zuverlässigkeit, Sauberkeit und Zustand der Fahrzeugflotte würden nicht und nur unzureichend Beachtung finden. „Es sollte berücksichtigt werden, dass unser Unternehmen viel Wert auf Pünktlichkeit legt, dass wir eine eigene Werkstatt, eine Waschanlage mit Regenwasser und eine Unterstellhalle unterhalten, damit unsere Fahrzeuge stets im besten Zustand unterwegs sind. Solche Kriterien sind auch wichtig, nicht nur das kostengünstigste Angebot.“
Foto (v.l.n.r.):
Bodo Engelhardt, Landrat Frank Kilian, Frank Engelhardt, Michael Krebs, Achim Staab, Kathrin Engelhardt, Marie Engelhardt und Jennifer Brötz. Foto: Kreisverwaltung