„Kinder sollen den Spaß am Lesen entdecken“

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Kultur

Landrat Frank Kilian und Sabine Stemmler ziehen positive Zwischen­bilanz: Lesefest ist wieder ein voller Erfolg / Wallufer Kita wird erste Literatur-Kita im Rheingau-Taunus-Kreis

Landrat Frank Kilian und Sabine Stemmler ziehen positive Zwischenbilanz: Lesefest ist wieder ein voller Erfolg / Wallufer Kita wird erste Literatur-Kita im Rheingau-Taunus-Kreis

Das Lesefest im Rheingau-Taunus-Kreis feiert in diesem Jahr sein 15-jähriges Jubiläum. Seit Mitte September läuft das aktuelle Lesefest. Zeit für eine Zwischenbilanz von Landrat Frank Kilian und der Kulturbeauftragten des Kreises, Sabine Stemmler. Beide zeigen sich hochzufrieden: „Die Nachfrage ist auch im 15. Jahr ungebrochen groß! Die angebotenen Autorenlesungen werden von vielen Schulen, Kitas und Bibliotheken gebucht oder besucht. Auch die Entwicklung des Lesefestes in den letzten 15 Jahren ist durchaus beachtlich.“ Stemmler hatte das Lesefest im Jahr 2002 in Eltville ins Leben gerufen. „Von da aus hat es sich im gesamten Rheingau verbreitet und schließlich auch im Taunus. Inzwischen sind alle 17 Städte und Gemeinden im Kreis daran beteiligt. Das ist ziemlich einzigartig“, freut sich Stemmler.

Auch in diesem Jahr nehmen wieder etwa 5.000 Kinder an den vielen Veranstaltungen teil. Am 5. November eroberte der „kleine Ritter Trenk“ unter dem Motto „Kultur für Kinder“ das Kloster Eberbach und die bekannte Kinderbuchautorin Kirsten Boie konnte für eine Lesung gewonnen werden. 500 Karten wurden dafür verkauft. „Die Autorin zeigte sich begeistert!“, so Sabine Stemmler. Ihr geht es aber nicht primär und alleine um Zahlen.

„Natürlich ist es aussagekräftig und eine Leistung, dass eine so große Veranstaltung ausverkauft war. Grundsätzlich geht es mir aber nicht um die Größe der Veranstaltung, ich bin keine Eventmanagerin. Mir geht es um Bildung und darum, die intrinsische Lesemotivation zu fördern. Das heißt, die Kinder sollen den Spaß am Lesen für sich entdecken und nicht dazu gezwungen werden. Dazu gehört eine gelungene und zielgruppengerechte Auswahl der Bücher und Autoren“, erklärt die Kulturbeauftragte und Literaturpädagogin (BVL).

Veranstaltet wird das Lesefest von dem Verein Netzwerk Leseförderung Rheingau-Taunus, der 2009 gegründet wurde. Anfangs hatte Sabine Stemmler die Organisation noch alleine übernommen. Durch das Engagement des Vereins habe sich dann alles vergrößert und professionalisiert: „Es ist wirklich etwas gewachsen, worauf wir im Kreis sehr stolz sein können“, findet Stemmler.

Durch das Lesefest habe im Rheingau-Taunus-Kreis eine Vernetzung aller Institutionen stattgefunden, die sich mit dem Thema Lesen beschäftigen. „Jeder beteiligt sich auf seine Art. Auch die Schulen profitieren vom Lesefest, denn alleine könnten sie die bekannten Autorinnen und Autoren nicht für Lesungen gewinnen“, so Stemmler. Durch die Lesungen an den Schulen kommen alle Kinder mit dem Thema Lesen in Kontakt. Stemmler: „Es ist ein niederschwelliges Angebot. So erreichen wir Kinder aus verschiedenen sozialen Gruppen.“

Auch Landrat Frank Kilian betont die Bedeutung des Lesefestes: „Leseförderung ist ein wichtiges Thema. Die Kinder profitieren nämlich langfristig davon, wenn ihnen schon früh vorgelesen wird. Das Lesefest ist daher eine großartige Veranstaltung und völlig zu Recht über die Grenzen unseres Kreises hinaus bekannt.“ Das kann Sabine Stemmler bestätigen: Auch auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt wisse man über das Lesefest Bescheid, kann sie aus eigener Erfahrung bestätigen. Das Lesefest genießt auch bei Verlagen und Kinderbuchautoren bundesweit einen sehr guten Ruf und hohes Ansehen. „Ich bekomme von den Autorinnen und Autoren sehr positive Rückmeldungen. Sie fühlen sich sehr wohl hier in der Region und kommen deshalb gerne her“, berichtet die Kulturbeauftragte.

Bei der Premierenlesung des Buches „Henry Smart – Im Auftrag des Götterchefs“ von Frauke Scheunemann in der Kurfürstlichen Burg in Eltville am 25. September, hatte sich Sabine Stemmler etwas Besonderes einfallen lassen: „In der Handlung des Buches spielt eine Pizzabestellung eine wichtige Rolle. Daher haben wir nach der Lesung für die Kinder Pizza liefern lassen. Das war natürlich ein voller Erfolg und zeigt, wie vielfältig man das Thema Lesen angehen kann, um die Freude daran zu wecken.“

Ein weiteres „kleines Schätzchen“ im Programmheft, das jetzt noch bevorsteht, ist laut Stemmler die Lesung des Buches „Henry, Carlotta und das Leben – die Küche steht Kopf!“ der Autorin Anette Beckmann in Kiedrich und Walluf. Dazu passend wird nämlich im Januar 2018 in Walluf ein Kochkurs für Kinder veranstaltet und so das Thema Kochen aus dem Buch aufgegriffen. Während des Lesefestes werden außerdem kostenlose Fortbildungen angeboten, die teilweise vom Rheingau-Taunus-Kreis finanziert werden. Diese richten sich vor allem an Bibliothekare, Erzieher und Lehrer, aber auch an ehrenamtlich Engagierte und interessierte Eltern. „Leseförderer brauchen Wissen und Begleitung. Die Fortbildungen decken viele Themen der Lese- und Literaturpädagogik ab und sind daher sehr zu empfehlen“, sagt Sabine Stemmler.

Leseförderung spielt auch abseits des Lesefestes eine wichtige Rolle im Rheingau-Taunus-Kreis. So etwa in Walluf, wo die Kulturbeauftragte gerade die Kita „Paradies“ auf dem Weg zur ersten Literatur-Kita im Kreis begleitet. Das heißt, dass sich die Kita zur Leseförderung als Schwerpunkt bekennt und ein Zertifikat erwirbt. In ganz Hessen gibt es bis jetzt nur eine Literatur-Kita, die Idee kommt aus Nordrhein-Westfalen. „Es ist sehr sinnvoll, wenn die Kinder so früh wie möglich mit dem Lesen in Kontakt kommen. In vielen Familien erhalten die Kinder nämlich zu wenig oder zu spät Zugang zu Büchern. Die Literatur-Kita ist daher ein wirklich gutes Projekt, das ich aus voller Überzeugung unterstütze“, betont Stemmler.

Das diesjährige Lesefest im Rheingau-Taunus-Kreis läuft noch bis Januar 2018. Das gesamte Programm ist einsehbar unter www.lesefest.de.

Die berühmte Kinderbuchautorin Kirsten Boie hautnah.