Botschaft an alle Jugend­liche: „Ihr seid gefragt wie niemals zuvor“

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Schule

Hessen­campus Rheingau+Taunus widmete sich der Frage: „Abitur und Studium um jeden Preis?“ / Der Rat: Mittels Praktika sich aus­probieren, welcher Beruf passt

Hessencampus Rheingau+Taunus widmete sich der Frage: „Abitur und Studium um jeden Preis?“ / Der Rat: Mittels Praktika sich ausprobieren, welcher Beruf passt

In vielen Familie bricht eine Debatte schon zu einem frühen Zeitpunkt aus. Welchen Beruf soll mein Kind später mal ergreifen? Eine Frage, die sich Eltern in vielen Fällen schon in der dritten Gundschul-Klasse stellen, dann nämlich wenn die Entscheidung näher rückt, auf welche weiterführende Schule sie ihr Kind schicken müssen. „Alle Eltern wollen nur das Beste für ihr Kind“, stellt Landrat Frank Kilian zu Beginn der Veranstaltung „Abitur und Studium um jeden Preis? Das duale Ausbildungssystem als Chance erkennen“ fest, die von Claudia Liebold von Hessencampus Rheingau+Taunus veranstaltet wurde. Gymnasium, Abitur, Studium – ist das der beste Bildungsweg für den eigenen Sprössling? Oder gibt es Alternativen? Muss mit einem alten Dogma, dass „nur ein Kind mit Abitur zählt“, gebrochen werden. Dazu riefen die Teilnehmer des Podiums, Andreas Haberl von der Handwerkskammer, Christine Lutz von der IHK Wiesbaden, Prof. Dr. Hans Reiner Schultz von der Hochschule Geisenheim, Sabine Koerlin von den Beruflichen Schulen Rheingau, Thomas Fischer von der Rheingauschule und Alexander Baumann von Agentur für Arbeit, letztlich auf.

Zirka 60 Prozent der Eltern im Rheingau-Taunus-Kreis sind davon überzeugt, dass ihr Kind nach der vierten Klasse auf ein Gymnasium gehen soll, so Kilian. Doch was ergibt sich daraus für die Zukunft? Auf jeden Fall folgt kein Automatismus, dass nach Abitur das Studium kommen muss, so der Referent Jürgen Funk, Geschäftsführer des Arbeitskreises „Schule-Wirtschaft Wiesbaden-Rheingau-Taunus“ und die Teilnehmer des Podiums, die auf die Vorteile einer beruflichen und damit einer dualen Ausbildung verwiesen. Dass viele Familien über die beruflichen Perspektiven ihrer Kinder sprechen, zeigte schon die Anwesenheit vieler Elternteile mit ihren Kindern.

Zwischen über 15.000 verschiedenen Studiengängen und 330 Ausbildungsberufen können Jugendliche heute in Deutschland wählen. Für Jürgen Funk heißt deshalb die Botschaft an alle Jugendlichen: „Ihr seid gefragt wie niemals zuvor.“ Industrie und Wirtschaft suchten händeringend nach Auszubildenden, um den Fachkräftemangel zu meistern. Auf der anderen Seite lockten Universitäten und Hochschulen. Akademiker wie Fachkräfte benötigt Deutschland. Um sich durch den „Dschungel“ an Ausbildungsmöglichkeiten zu kämpfen, gebe es viele Informationsquellen und auch Angebote. „Vielleicht zu viele, um sich wirklich orientieren zu können“, wie das Podium feststellte.

Deshalb plädierte Funk dafür, Beruf als Berufung zu erkennen. Der gewählte Beruf sollte Spaß machen, den eigenen Fähigkeiten und Talenten entsprechen. Schließlich gelte eine akademische Laufbahn nicht mehr als Garant für einen sicheren Job und ein gutes Einkommen. Funk: „Die betriebliche Ausbildung ist eine gleichwertige Alternative zum Studium!“ Die Bezahlung von Fachkräften stehe dem der Akademiker heute in nichts nach. Auch die Aufstiegs- und Weiterbildungschancen seien beachtlich, so Funk. „Und das duale Ausbildungssystem bietet unendliche viele Chancen, um sich verwirklichen zu können“, betonte Sabine Koerlin.

Jeder Jugendliche sollte sich erst einmal ohne Druck ausprobieren, welcher Beruf zu ihm passe. Der Weg dazu führe über Praktika. Die Kinder sollten möglichst viele Praktika machen, denn dort kommen sie in Berührung mit der Berufswelt und erfahren schnell ob der Traumberuf, das ist, was sich Jugendliche davon versprechen, so die Meinung von Jürgen Funk und den Podiumsteilnehmern. Jugendliche sollten bei der Suche nach Praktikumsplätzen, wie der Berufswahl Eigeninitiative und Selbstständigkeit beweisen, aber auch das „Fremdbild von außen“ zulassen. Funk: „Was sagen Eltern, Lehrer, Bekannte. Wo sehen sie die Stärken und Schwächen des Jugendlichen?“

Vor allem sollten sich die Jugendliche nicht zu spät mit der Berufswahl auseinandersetzen. „Kurz vor einem Abschluss ist es zu spät“, so Baumann. Er plädierte für frühzeitige Auseinandersetzung: „Vor Beginn der Pubertät.“ Dann sollten sie aber auch schon in Kontakte mit Berufswelt kommen, sagte Schultz, dem es auch wichtig war, zu betonen, dass „betriebliche Ausbildung und Studium niemals gegeneinander ausgespielt werden sollen“. Jeder Jugendliche müsse frei entscheiden, auf welchen (beruflichen) Weg er sich begebe.

Als Moderator Olaf Pütz von der Hochschule Fresenius zu Beginn nach den Ausbildungswegen der Teilnehmer des Podiums fragte, wurde eines deutlich: Eine gerade Linie vom Traumberuf bis zu dessen Realisierung gab es nicht. Viele orientierten sich nach Erfahrungen im Praktikum um, setzten sich neue Ziele, probierten sich in unterschiedlichen Berufsfeldern mittels Praktika aus, um dann „ihre Berufung“ zu finden und in eine erfolgreiche Berufslaufbahn zu starten. Deshalb der Rat: Den Jugendlichen Freiheiten bei der Berufswahl einzuräumen.

Das Podium würdigte das duale Ausbildungssystem.

Das Podium mit Christine Lutz (IHK), Prof. Dr. Hans Reiner Schultz (Hochschule Geisenheim), Alexander Baumann (Agentur für Arbeit), Andreas Haberl (Handwerkskammer Wiesbaden) Thomas Fischer (Rheingauschule) und Sabine Koerlin (Berufliche Schulen Rheingau) würdigte das duale Ausbildungssystem in Deutschland und zeigte Wege zum beruflichen Erfolg und zur persönlichen Zufriedenheit auf.