Beschlossener Haushalt am absoluten Limit: „Zukunftsfähigkeit erreichen wir durch Mut, nicht durch sparen.“
Haushalt
Kreistag des RTK beschließt Haushalt 2026 mit einem Defizit von rund 25 Millionen Euro / Kreisangehörige Kommunen werden keiner zusätzlichen Belastung ausgesetzt / Strukturelle Unterfinanzierung in Höhe von 127 Millionen Euro macht Konsolidierung des Haushaltes unmöglich / Landrat Sandro Zehner mahnt im Sinne der kommunalen Familie zu echter Konnexität und Mut für Strukturreformen
Der Kreistag des Rheingau-Taunus-Kreises hat den Haushalt für 2026 mit einem Defizit von rund 25 Millionen Euro beschlossen. Im Haushaltsentwurf im Oktober lag das Minus noch bei etwa 34 Millionen Euro. Die Kommunalaufsicht hatte dem Kreis vorgegeben, das Defizit des Vorjahres nicht zu überschreiten. Bereits der Entwurf war aufgrund massiver Kostensteigerungen im sozialen Bereich, Tarifsteigerungen und allgemeiner Inflation ohne Spielräume aufgestellt worden. Landrat Sandro Zehner betonte bereits in den Beratungen für den Haushalt 2025: „In diesem Haushalt ist keine Luft mehr.“Das gilt auch ein Jahr später – unter weiter verschärften Bedingungen.
Die Verbesserung um rund neun Millionen Euro konnte nicht durch klassische Einsparmaßnahmen erreicht werden. Maßgeblich beigetragen haben die Soforthilfe des Landes in Höhe von 3,8 Millionen Euro, gesunkene Kosten für Gemeinschaftsunterkünfte durch aktives Portfoliomanagement sowie kurzfristige Ertragssteigerungen und pauschale Kürzungen, die unter heutigen Gesichtspunkten nur bedingt realistisch erscheinen. „Wir werden alles tun, die geforderten Kürzungen einzuhalten. Dafür braucht es neben gutem Management auch Zuversicht und Gottvertrauen“, so Zehner.
Die Konsolidierungen entsprechen den formalen Anforderungen der Aufsicht, werden im Haushaltsvollzug jedoch nur äußerst schwer zu erreichen sein. Insbesondere,wenn zusätzliche Aufgaben von Bund oder Land hinzukommen oder unvorhergesehene Krisen auftreten. Der Finanzhaushalt sieht Auszahlungen für Investitionen in Höhe von 32,9 Millionen Euro vor, von denen 12,3 Millionen Euro durch Investitionszuweisungen und -Beiträge finanziert werden. Geplant sind Investitionen in den Schulbau, den Ausbau des Ganztags an Grundschulen, sowie die Umsetzung des Medienentwicklungsplans. Gleichzeitig mussten Einsparungen beim Kreisstraßensanierungsprogramm und anderen Projekten vorgenommen werden.
Zehner macht deutlich, dass die Hebel der Verwaltung und der kommunalen Familie bis zum Anschlag ausgereizt seien. Für die kommenden Haushaltsjahre brauche es dringend echte Konnexität, Planbarkeit und wirtschaftliches Wachstum. Die strukturelle Unterfinanzierung des Kreises liegt bei 127 Millionen Euro. Einsparungen in dieser Größenordnung seien ohne Kürzung gesetzlicher Pflichtaufgaben wie dem Ausbau der Grundschulen, der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes oder der Gefahrenabwehr nicht möglich: „Wir stehen vor einer Triage der Pflichtaufgaben, die niemandem nutzt und sich nicht durch Wirtschaftlichkeit oder Haushaltsdisziplin lösen lässt“, erklärt Zehner.
Seit Zehners Amtsantritt arbeitet die Verwaltung an der strategischen Ausrichtung, um trotz sinkender Finanzmittel und Personalressourcen zukunftsfähig zu bleiben. Dazu zählen Prozessoptimierung, der Einsatz von KI und Führungsentwicklung. „Meine Mitarbeitenden leisten großartige Arbeit und haben bereits viel erreicht. Aber die strukturelle Unterfinanzierung von 127 Millionen Euro aus verpflichtend zu erledigenden Bundes- und Landesgesetzen können wir aus eigener Kraft nicht einsparen. Auch die dringend notwendige Digitalisierung und Prozessoptimierung kosten zunächst Zeit und Geld.“
Vor ähnlichen Herausforderungen steht aktuell die gesamte kommunale Familie in Deutschland, denn bundesweit war das kommunale Defizit noch nie so hoch wie aktuell mit voraussichtlich 30 Milliarden Euro im Jahr 2025 – Tendenz steigend. Zehner appelliert daher: „Wir brauchen Mut zur Verantwortung über alle Ebenen hinweg für ernsthafte Strukturreformen, echte Konnexität und wirksame Reformen für Wirtschaftswachstum. Kommunale Daseinsvorsorge, Staatsvertrauen und Handlungsfähigkeit vor Ort lassen sich nicht zurechtsparen - sie müssen gestaltet werden. Zumutungen münden nur dann in echte Veränderung, wenn man den Nutzen für die Zukunft erkennt – und ich bin überzeugt, die Menschen können mit diesen Zumutungen dann auch umgehen.“